Wir sind die Familie Kahlich, bestehend aus Papa Joseph (35), Mama Kira (35), Sohn Lenni (im August 9 geworden), Tochter Mela (6), Tochter Nike (5) und Sohn Pako (3). Bereits im Jahr 2016 haben wir mit Lenni im „Rucksack“/Kraxe zwei Hüttentouren unternommen – die Runde um den Wilden Kaiser (5 Tage) und die Lechquellenrunde (6 Tage). Schon zu der Zeit wurden wir häufig, auch von Einheimischen, darauf angesprochen, dass es total toll wäre, so eine Wanderung mit Kleinkind zu unternehmen und man sich selber so etwas nicht getraut hätte. Wenn wir dann erzählten, dass wir aus dem eher flachen Münsterland (Nordwalde) kommen, war das Staunen noch etwas größer.
Seit 2016 hat dann die Familienentwicklung noch etwas Fahrt aufgenommen und im Jahr 2020 haben wir mit drei Kindern eine Reise ins Pillerseetal unternommen. Die beiden Großen, Lenni und Mela, wurden mit festem Schuhwerk ausgestattet während Nike Lennis Platz im Rucksack/in der Kraxe übernommen hat. Und der kleine Pako war zu diesem Zeitpunkt heranwachsend in Mamas Bauch. Jedenfalls konnten wir die Kinder für die Berge begeistern, sodass wir in 2022 und 2023 ins Stubaital gefahren sind, dieses Mal dann mit Pako im Rucksack/in der Kraxe. Da die Kinder bereits bei den Abreisen aus den Alpen in den letzten beiden Jahren fragten, wann wir denn wohl wiederkommen würden, sind wir dieses Jahr wieder ins Stubaital gefahren.
Also wurden im Vorfeld nun alle 4 Kinder mit Wanderschuhen ausgestattet und sie konnten es kaum erwarten, endlich wieder in den Alpen zu wandern. Dies mag erst einmal unüblich erscheinen. Tatsächlich ist es nicht einfach während der Wanderungen auf die Kinder einzugehen und zu reagieren, da altersbedingt jedes Kind auf einer etwas anderen physischen und psychischen Ebene steht. Mit entsprechenden eher kleineren Zielsetzungen, Motivationssnacks, Stempel sammeln und der Aussicht auf bspw. eine Abfahrt vom Berg mit der Sommerrodelbahn hat es bei uns aber sehr gut geklappt. Zwischendurch wurden für den Großen auch nochmal ein paar extra Höhenmeter mit Mama oder Papa eingelegt, sodass auch hier am Ende des Tages gut geschlafen werden konnte. Die Kraxe konnten wir während des gesamten Urlaubs im Auto lassen; der kleine Pako hat jede Tour eigenfüßig – auch wenn mal für ein paar Meter auf Papas Schultern – absolviert. Bis zu 800 Höhenmeter haben die Kinder am Tag absolviert. Lenni ist mit Papa sogar auf die Schaufelspitz (3.333 m ü. NN) am Stubaier Gletscher gekraxelt.
Das Stubaital bietet neben wunderschönen und kindgerechten Wanderwegen vorbei an Wasserfällen, Alpenwiesen, Schafen und Kühen aber auch weitere Attraktionen, wie bspw. die Sommerrodelbahn am Serles oder das Schwimmbad Stubay in Fulpmes. Zudem verbinden unter anderem der Baumhausweg, der Naturlehrpfad und der „Scheibenweg“ im Gebiet Schlick 2000 spielerisch naturnahe Wanderungen mit auf Kinder zugeschnittenen Attraktionen.
Für dieses Jahr habe ich mir dann überlegt, dass wir unsere letzte Nacht ja auch auf einer Alpenhütte verbringen könnten. Was läge da näher, als die Hütte der eigenen DAV Sektion Münster, bei der wir seit Frühjahr 2024 eine Familienmitgliedschaft innehaben. Also habe ich 6 Lagerplätze für den letzten Tag bzw. die letzte Nacht unseres Bergurlaubs auf dem Westfalenhaus reserviert. Nach 10 Tagen im Stubaital haben wir unsere Unterkunft im Oberbergtal dann wehmütig verlassen und sind noch einmal mit der Serlesbahn in Milders auf den Berg gefahren, um nach ca. 1 Stunde nebelbedingter Wartezeit mit der Sommerrodelbahn ins Tal zu sausen.
Anschließend haben wir uns auf den Weg gemacht und sind vom Inntal hinein ins Sellrain bis zum Wanderparkplatz nach Lüsens gefahren. Laut Beschilderung sind es von dort ca. 2 Stunden bis zum Westfalenhaus, wobei das mit kleineren Kindern im Regelfall etwas länger dauert. Mittlerweile war es bereits 14:30 Uhr und die Wetterlage eher instabil. Also fix die Schuhe schnüren und Abmarsch. Das Wetterglück hatte uns dann nach ca. 30 Minuten etwas verlassen und wir mussten zum ersten Mal in diesem Urlaub unsere Regensachen überziehen. Auf etwa der Hälfte des Weges verhallte ein Donnergrollen; glücklicherweise kam das Gewitter nicht näher, sodass wir unsere Wanderung – dann noch etwas schnelleren Schrittes – fortsetzen konnten. Mit Erreichen der Hochebene lösten sich die Wolken teilweise auf, sodass wir Blicke auf den Längentaler Bach sowie kurzzeitig auch auf die umgebenden Gipfel erhaschen konnten. Und auch das Westfalenhaus war in der Entfernung nun zu sehen, was die Kinder allesamt motiviert hat. Unserer großen Tochter Mela huschte deutliche Freude übers Gesicht. Bei den vorangegangenen Erzählungen, dass wir in einer Alpenhütte schlafen würden, dachte sie eher an eine einsame Holzhütte mit Strohbetten und nicht an eine bewirtschaftete und warme Hütte mit richtigen Betten. Die Erleichterung war ihr, sowie auch den anderen drei Kindern, deutlich anzusehen. Schließlich haben wir das Westfalenhaus im wieder aufziehenden Nebel und völlig durchnässt erreicht, wurden sehr freundlich begrüßt und haben uns erst einmal trockene Kleidung angezogen. Das Zimmer „Kreis Tecklenburg“ mit sieben Bettlagern wurde für unsere alleinige Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Kinder waren nicht nur über den erfolgreichen Aufstieg, sondern auch über die tolle Unterkunft mit Hochbetten überaus glücklich. Nach einer kurzen Runde Kartenspiel haben wir ein sehr angenehmes und leckeres Abendessen genießen dürfen, bevor wir dann erschöpft mit beginnender Dunkelheit eingeschlafen sind.
Morgens begann dann unser wirklich letzter Tag mit einem beeindruckenden Panorama von Wolken im Tal, umgeben von schroffen Bergen und aufgehender Sonne über den Gipfeln. Nach dem Frühstück brachen wir zum Abstieg nach Lüsens auf. Der Himmel war blau, die Sonne brachte die Umgebung zum Leuchten, die Alpenblumen-/wiesen zeigten sich von der schönsten Seite und zwischendurch pfiff uns auch mal ein interessiertes Murmeltier hinterher. Die letzte Tour unserer Reise in die Berge haben wir nochmal in vollen Zügen genießen können.
Und das Schönste ist, wenn die Kinder vor der Abfahrt nach Hause fragen: „Wann können wir hier wieder mal hin?“.
Wir möchten mit diesen Ausführungen nicht etwa zeigen, wie toll wir sind und was wir uns alles trauen und machen. Vielmehr sollen junge Familien und Eltern, auch mit kleineren Kindern, sehen, dass unter anderem auch gemeinsame Bergurlaube möglich sind, solange auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Kinder ausreichend eingegangen wird. Aus unserer Sicht ist es wichtig, bereits frühzeitig den Respekt vor der Natur und deren Gefahren in den Bergen, sei es durch Unwetter, Steinschläge, Muren etc., zu erlernen und zu erlangen. Zudem ist die Einhaltung klar definierter Regeln, wie beispielsweise nicht überholen oder rennen am Berg, wichtig und erforderlich. Manchmal müssen auch die eigenen physischen und psychischen Grenzen getestet und eventuell überschritten werden. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir als Eltern in diesen Entwicklungsprozess noch mit einwirken. Letztendlich geben wir unseren Kindern nur ein gewisses Modell mit auf den Weg, welches den eigentlichen Lebensweg unterstützen kann.
Wir sind sehr erfreut darüber, dass unsere Kinder sich in den Bergen wohl fühlen und haben uns für das Jahr 2025 schon wieder im Stubaital angekündigt. Auf dem Westfalenhaus waren wir auch nicht zum letzten Mal; vielleicht klappt das ja nächstes Jahr auch wieder.
Ich könnte Ihnen von jedem Tag unseres Urlaubs eine Schilderung liefern, aber das würde den Rahmen hier vermutlich etwas überspannen. Wir haben uns einfach so wohl gefühlt auf dem Westfalenhaus, was wir gerne auch anderen Interessierten mitteilen wollen und vielleicht auch etwas motivieren wollen.
Text: Joseph Kahlich