Auf einsamen Pfaden – 6 Pässe-Tour


2016 – Bergsteigen

Auf einsamen Pfaden – 6 Pässe-Tour

9 Menschen (inkl. Bergführer) eine Woche auf Hüttentour – das verspricht, wie uns spätestens im Nachgang bewusst geworden ist, 9 unterschiedliche Wahrnehmungen des Erlebten.
Zu der anspruchsvollen Tour sind wir am Sonntagmorgen aufgebrochen und konnten bei Sonnenschein, zunächst an den Krimmler Wasserfällen entlang sanft im Tal der Richterhütte entgegen wandern. Ein guter Einstieg in die Woche, der allerdings spannend endete, indem wir etwa eine halbe Stunde vor Ankunft von einem Gewitter überrascht wurden. Umso erleichterter waren alle, als wir halbwegs trocken, aber sicher dort ankamen.
Der nächste Tag ist geprägt von zügigem Gehen – oder notwendiger Beschleunigung – weil auch an diesem Tag Gewitter angesagt sind. Nach dem Überschreiten von zwei Scharten kommt dann aber zunächst „nur“ der angekündigte Regen. Klar mögen zwar alle viel lieber blauen Himmel und Sonne als Nebel oder Regen. Das Tolle an unserer Gruppe: Auch bei schlechtem Wetter wird nicht rumgenörgelt oder miese Laune verbreitet. Alle trotten nahezu meditativ hintereinander her.
Endlich - die dunklen Fenster der Plauener Hütte tauchen im Nebel auf – die weiße Hütte erkennt man nicht, obwohl wir nur wenige Meter von der Terrasse entfernt sind. Der warme Ofen, eine heiße Schokolade – herrlich. Da ist auch der eiskalte Waschraum im Keller schnell vergessen. Bereits heute ist klar: Einer für alle, alle für einen: Vorräte werden geteilt, wer mal einen schlechten Tag hat ermuntert.
Am nächsten Tag ein Abstecher nach Südtirol. Beim zweiten Aufstieg – bereits am Nachmittag hilft uns die wohlverdiente Jause an der Rötalm mit ihrem gastfreundlichen Senner in den Endspurt. Wir sind rechtschaffen müde bei Ankunft und haben einen unvergesslichen Abend mit Zirbenschnaps in der urgemütlichen Lenkljochhütte. Ebenso unvergesslich ist der dortige "Waschraum" ( = Waschbecken auf dem Flur, durch einen Vorhang vor unerwünschten Blicken geschützt ).
Wir kommen den Gletschern näher: Nach Überschreiten des Umbaltörls liegt der gleichnamige Kees majestätisch auf der anderen Talseite vor uns. Bevor wir zur – übrigens keck in den Fels gebauten Clarahütte einkehren düfen, haben wir einen ausgedehnten Abstieg vor uns; mit einer Mischung aus spektakulärem Gletscher- und Talblick, spannendem Überqueren reißender Bäche und dem Frönen deutschen Liedguts („Im Frühtau zu Berge“...& Co). Ach ja, dabei fällt uns ein: immer zwischendurch, ob gehend, stehend, sitzend oder auf den Felsen liegend gibt es viel Zeit, Erleben, Gespräche, Lachen und Spaß in und mit der Gruppe, ein Sich-selbst-nicht-zu-ernst-nehmen - aber auch einfach vor sich  hin wandern, Ausblicke genießen, Gedanken schweifen lassen oder auf der Hütte in Ruhe ein Buch lesen.  
Und so beginnt auch der neue Tag im Umbaltal und an den Fällen entlang, wozu man nur sagen kann: „Die Umballfälle – schöner kann Eis nicht schmelzen.“ Wir wandern über einen kühn angelegten Pfad durch das wunderbar ruhige und grüne Umbaltal hinab zum Talschluss, um dann wieder durch das Maurertal  über die Essener Hütte aufs Türmeljoch aufzusteigen. Dort erinnern unzählige Steinmänchen an die Freude, einen langen Aufstieg bewältigt zu haben. Belohnt werden wir mit einem umwerfenden Blick auf den Großvenediger. Die Gletscher sind zum Greifen nah. Vollständig abgerundet wird dieser wunderbare Tag mit dem hervorragenden Essen auf der Johannishütte.
 Am nächsten Tag genießen wir vom über 3000 Meter hoch gelegenem Wallhontörl in absoluter Einsamkeit einen fantastischen und freien Blick auf den nahen Gletscher des Großvenedigers. Spätestens hier ergreift den ein oder anderen Dankbarkeit und Demut. Verschiedene Süßigkeitentüten machen die Runde.
An den Ausläufern des Gletscherbaches kurz vor der Eisseehütte in seinem riesig großen Sandbett ist von den Anstrengungen des Tages nichts mehr zu spüren. Schnell sind wir uns einig, sind Schuhe und Strümpfe ausgezogen und wir planschen, springen und albern am Strand und im Bach. Die Fotos davon zeugen von unserer Freude und dem Übermut.
 Auch wenn es keiner will, unser vorerst letzter Abend auf der Eisseehütte ist gekommen. Ausgeglichen, voller Eindrücke, müde und entspannt und mit einem neu erworbenen Säckchen mit Zirbenspänen im Rucksack treten wir am nächsten Morgen den Abstieg nach Prägraten an.
 Jeder hat diese eindrucksvolle Woche auf seine Weise wahrgenommen -- doch wobei sich 8 Menschen in drei Dingen absolut einig waren: es waren außergewöhnliche Bergerlebnisse, eine außergewöhnliche Gruppe mit einem außergewöhnlichen Bergführer, der neben Fachkompetenz auch durch seine Ausgeglichenheit beeindruckte und jeden in die Gruppe integrierte. Danke Michael!
Hoffentlich können wir diese Erfahrungen 2017 fortsetzen.

Susanne Becker & Sandra Machalica


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